Berlin.......Psssssst !!!!!!.......Haim Omer !!!!
(ein Bericht über die „Berliner Tage neuer Autorität vom 3.-5.2.2012 ,
in der Freien Universität, Berlin)
Mit Sonnenschein und Schneegestöber kamen wir (3 Teamer der ABG Lev/Köln) im großen Dorf (O-Ton Bahnbegleiter) in Berlin an.
Nachdem wir unser Quartier neben der US - Botschaft am Grunewald im feinen Stadtteil Dahlem bezogen haben, machen wir uns mit genauer Anweisung auf den Weg, um innerhalb von maximal 10 Minuten (!) in
der FU das Audi Max – unsere geistige Heimat für die kommenden 2.5 Tagen- zu finden.
Bei klirrender Kälte und leichtem Schneefall werden wir – da Wegbeschreibung à offensichtlich Fehlanzeige- von Pontius nach Pilatus geschickt und erreichen endlich ein hellerleuchtetes Gebäude der FU um immer wieder auf unsere Frage nach dem Audi Max in ratlose Gesichter zu schauen.
Schließlich entdecke ich hinter einer Glastür 2 streng aussehende Damen an ihren PCs. Gezischelt erhalte ich auf meine Frage die so notwendigen Infos und auf mein erleichtertes „danke“ bekomme ich nur ein empörtes Pssssscht zu hören.
(Grund: es ist die Bibliothek mit einer besonders raffinierten Akustik....ähnlich der „Whispering Gallery“ in St Paul’s in London.....)
Kurz um- nach einem 1-stündigen Irrgang auf glitschigen Straßen erreichen wir mit halbstündiger Verspätung unser Ziel- gerade noch rechtzeitig, um den einführenden Vortag von Haim Omer mitzuerleben...
Danach verschwindet Berlin und
macht Platz für das faszinierenden Interventionsmodell „Stärke statt Macht“ und dessen schrittweise Verwirklichung....
Worum geht es bei
„Stärke statt Macht: Neue Autorität und gewaltloser Widerstand in Pädagogik, Psychologie und Therapie
mit Univ.-Prof. Dr. Haim Omer, (Tel Aviv, Israel) und weiteren Referenten?
Es geht um den Umgang mit problematischen und sehr / höchst auffälligen Kindern und Jugendlichen – und der Frage:
wie können wir, denen diese jungen Menschen anvertraut sind, ihrem gewalttätigen, verweigernden, sich selbst und andere schädigenden Verhalten etwas entgegen setzen,
wie können wir den Teufelskreis von Machtkämpfen zwischen jungen Menschen auf der einen und den Erwachsenen auf der anderen Seite, die Spirale von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen- ohne als Eltern, Erzieher und Lehrer selber gewalttätig zu sein?
Für uns als DeeskalationstrainerInnen und für die gesamte Gewalt Akademie Villigst – der einzig richtige Ansatz.
Schlagwortartig kann man Haim Omers Konzept auf den Punkt bringen:
Die traditionelle Autorität,
- eine auf Kampf ausgerichtete Mentalität zwischen Kind und Erwachsenen, bei der es letztlich immer darum geht, als Erwachsener Sieger zu bleiben,
- keinen Kontrollverlust über das Kind zu erleiden-
- basierend auf Distanz und Hierarchie, Zwang und Vergeltung
wird ersetzt durch die NEUE AUTORITÄT,
- die sich durch elterliche Selbstkontrolle,
- Einbindung von Netzwerken
- Beharrlichkeit
- Wiedergutmachung
- Angebotscharakter und Transparenz auszeichnet,
-
d.h.
- raus aus der Kampfmentalität
- nicht Sieger zu sein, zu bleiben
- statt Kontrolle über das Kind, bewusste Aufgabe der Kontrolle
- die eigene Hilflosigkeit in Stärke um zu wandeln, in dem ich mich aus dem Kontrollzwang löse, mich auf mich selber, meine Aufgabe, meine Pflicht als Erwachsener zurück-besinne, den Irrglauben aufgebe, alles alleine machen / bewältigen zu müssen, sondern mir Hilfe / Unterstützer hole.....
- statt Be- Straf- ung à GEWALTLOSER WIDERSTAND
„ du kannst machen, was du willst- mich wirst du nicht mehr los, ich bin da, weil ich
deine Mutter /dein Vater bin...
„ ich bin da – und ich werde dein Verhalten nicht mehr dulden- ich suche mir Hilfe-
weil ich dich lieb habe, .... weil es meine elterliche Pflicht ist....
Hier geht es nicht um die schnelle / radikale Veränderung des Kindes, die Veränderung des kindlichen Fehlverhaltens durch die Eltern / Beratern mit Hilfe von Strafen oder Schuldzuweisungen an die Adresse der Eltern, sondern um eine veränderte inneren Haltung des Erwachsenen sich selber, seiner Aufgabe und seiner Verantwortung dem Kind gegenüber
durch
- elterliche Präsenz ( s.o.à „ich bin da“, schriftliche Ankündigungen, Sit-ins, Telefonketten....)
- wachsame Sorge ( Einbindung anderer Institutionen, Familienmitglieder, Freunde etc.)
- eigene Stärke ( Selbstkontrolle, Handlungsmöglichkeiten erkennen und nutzen und Schutz durch die Unterstützer erbitten, annehmen)
- und der Ver - Anker – ung
- d.h.
- o Eltern - Kind / Lehrer – Schüler
sind durch einen Anker miteinander verbunden, dessen Kette
(Gewicht und Qualität sind Symbol für Werte wie Schutz,
Wertschätzung, Respekt und Unterstützung)
eine variable Länge aufweist und so flexibel auf alle Situationen reagieren kann- ohne einzuengen, abzutreiben...
der Anker symbolisiert die Stärke, die Sicherheit, die Verlässlichkeit,
oder anders ausgedrückt.
den 3-Zack von
elterlicher Präsenz, wachsamer Fürsorge und Stärke statt Macht....
Auch anhand der groben Skizzierungen, zusammengetragen aus dem reichen Fundus meiner ca. 50-seitigen Mitschrift, wird die Faszination des Interventionsmodells von Haim Omer deutlich.
Der Weg aus der Krise wird nicht durch Methoden und der konstruktiven Mitarbeit des Kindes sondern allein durch die Veränderung der inneren Haltung – durch die (Wieder)Aufnahme der emotionalen Beziehung der Eltern /Erwachsenen mit dem Kind / dem Jugendlichen erreicht.
Daher gilt - trotz vieler guter und helfender Ansätze, angefangen bei ThomasGordons „Familienkonferenz“ über Marshall B.Rosenbergs „gewaltfreie( r ) Kommunikation“ - auf den Punkt gebracht:
„ Das geht, wenn [sonst] nichts mehr geht!“
Haim Omer ist ein begnadeter Rhetoriker, humorvoll, tiefgründig und die personifizierte Umsetzung seines Konzeptes, das sich stets weiter entwickelt von
elterlicher Präsenz, à wachsamer Fürsorge, à Stärke, à Ver- Anker- ung.....
Wir alle können gespannt sein, wie dieser Ansatz aus der Praxis für die Praxis immer neue Facetten hinzugewinnt...
Eins ist klar, das war nicht das letzte Mal mit Haim Omer in Kontakt getreten zu sein, egal wohin der Weg auch führen mag....
Tschüss Berlin
Auf Wiedersehen Haim Omer!
Ulla Becker (ABG Lev/Köln)
Gleich 3 awolon Trainerinnen machten sich zu Weiterbildungszwecken auf nach
Berlin zur Fachveranstaltung "Stärke statt Macht "