Zu Gast bei neuen Kölner Freunden
2 awolon Teamer nahmen teil !!!!!
Bewertung: GROßARTIG !!!!!!
Zu Gast bei Freunden,
Zu Gast bei Muslimen,
Zu Gast bei Juden,
Zu Gast bei Sikh,
....
Ungewöhnlich startete unser 5- tägiger Bildungsurlaub 2013, als wir Montagmorgen um 10 Uhr unsere Reise durch das tolerante Köln in der Keupstraße mit einem türkischen Frühstück begannen.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde von Seminarleitung und TN konnten alle auf kulinarische Entdeckungsreise gehen.
Das machte Lust auf „mehr“ und wurde durch die anschließende Führung um viele Eindrücke, Erkenntnisse und Erfahrungen erweitert und vertieft.
Herr Erdogan (Vorstandsmitglied des Förderverein Zentrum kultureller Begegnungen e.V. ) konnte nicht nur anschaulich von den ersten Erfahrungen türkischer Gastarbeiter berichten, sondern auch darüber, wie sich im Laufe der Zeit durch den Zuzug weiterer Migranten aus aller Herren Länder u.a. das Gesicht der Keupstraße verändert hat.
Heute ist die Geschäftswelt der Keupstraße fest in türkischer Hand, - bietet speziell für die türkische Lebensweise eine Vielzahl an Geschäften mit entsprechendem Angebot, sei es Gold-und Schmuckläden, Bekleidung, Hausrat, Bäckereien und Restauration- und ist weit über die lokale Grenze hinaus bekannt und daher ein beliebtes Einkaufsziel .
Der einzige Betrieb unter deutscher Leitung ist eine Druckerei ... – die absolute Ausnahme...
Da uns TN besonders interessierte, wie die Menschen aus anderen Kulturen sich bei uns heimisch fühlen können, was getan wird, um ein integriertes und friedliches Miteinander zu fördern, führte uns Herr Erdogan in seine Moschee – eine von 7 Mülheimer Moscheen- und berichtete in anschaulicher Weise über seine eigene Migration, über seine Arbeit und über seine erfolgreichen Bemühungen, nicht nur den türkischen, sondern allen Einwanderern die friedliche Integration in Köln-Mülheim zu ermöglichen.
70% der Mülheimer Bevölkerung hat Migrations - Hintergrund – da ist eine Kooperation mit Behörden jeder Art, schulischen und anderen Bildungseinrichtungen von großer Bedeutung.
Eine Vielzahl von Angeboten für die Kinder, aber auch für die Erwachsenen, zugeschnitten auf Bedürfnisse und Unterweisungen / Schulung aufgrund des unterschiedlichen Kenntnisstandes – sei es Sprache, Kultur, Politik, Verwaltung aber auch der Rechtsgrundlage über das neue Heimatland – werden über den Vorstand des Moschee- Vereins eingerichtet, mit anderen Integrationsprojekten vernetzt und in Begegnungen am runden Tisch erörtert, diskutiert und beschlossen... eine wichtige und für alle - Einheimische wie Zugewanderte – notwendige und bereichernde Arbeit.
Das Bemühen sich zu integrieren auf der einen Seite und die Bereitwilligkeit das Andersartige als Bereicherung anzuerkennen und als neues Lebensgefühl täglich erfahrbar zu machen, war nicht nur am Montag spürbar, sondern zog sich wie ein roter Faden durch alle Begegnungs – und Informationstermine während der Woche.
Das wurde uns u.a. bei dem Besuch im Mülheimer Jugendamt vor Augen geführt. Auch hier bemüht man sich sehr stark um Integration, sei es mit Hilfe von Stadtteilmüttern, sei es durch Arbeits- u. Qualifizierungsmaßnahmen für Migranten, sei es durch interkulturelle Jugendförderung.....usw.
Es geht um die Beheimatung von menschlichen und kulturellen Schätzen – eine vielseitige und vielschichtige Lebensaufgabe.
Dies hat sich auch das Kultur- u. Integrationszentrum Phoenix – Köln auf die Fahne geschrieben. Man bemüht sich sehr darum, gerade im Bereich Berufswelt den Einwanderern zu helfen, nicht nur das Alltagsleben, sondern auch durch sprachliche und berufsorientierte Maßnahmen die beruflichen Herausforderungen zu bewältigen.
Beim Besuch in der Diakonie – Köln ging es um ein Projekt für afrikanische Frauen. Frau Hélène Batemona – die Referentin – gab einen anschaulichen Einblick in ihre Arbeit, die sich im Grundsatz nicht allzu sehr von der anderer Fachleute unterscheidet. Doch aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit mit ihrem Heimatkontinent Afrika kann sie den Hilfesuchenden schneller ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit vermitteln.
Nach dem Besuch der Moschee und dem Islam als Religion stand der Kontakt mit dem Judentum und der Sikkh – Gemeinde auf dem Programm – kontrastreicher hätte es nicht sein können; die jüdische Gemeinde – sich eher auf das eigene kulturelle und religiöse Leben konzentrierend- ist zahlenmäßig relativ klein und erlebt sich selber eher als Gäste, denn als in Deutschland beheimatet - wohl eine Folge der historischen Erfahrungen des jüdischen Volkes in aller Welt.
Ganz anders die Sikkh – Gemeinde im Westen Kölns – eine offene, auf Gleichberechtigung abzielende und im Großen und Ganzen friedfertige Religion, die nur vereinzelt und dann zu Verteidigungszwecken zu Waffen greift- vermittelt eine tolerante Einstellung den Besuchern gegenüber und wird auch seitens der Kölner als willkommene Bereicherung akzeptiert.
Die Gastfreundschaft wird in der Sikkh – Gemeinde hochgehalten, kulinarische Köstlichkeiten, egal ob herzhaft oder süß, wurden uns TN in freundlicher Weise dargeboten – da konnte keiner widerstehen.
Aber auch an Grenzen der Toleranz ist die Rundreise durch das tolerante Köln gestoßen – ernüchternd war die Erkenntnis, dass gerade eine angestrebte Integration von Zigeunern – fälschlich auf Roma und Sinti beschränkt – kaum möglich ist, da die verschiedenen Gruppierungen aus unterschiedlichen Ländern und aufgrund von unterschiedlichen ethnischen Wurzeln – gepaart mit unterschiedlichen historischen Erfahrungen (Verfolgung, Diskrimi-nierung etc.) und verbunden mit einem klar abgrenzenden Sozial- und Berufskodex - sich untereinander ablehnen und eine integrative Zusammenführung nur in individuellen Einzelfällen möglich ist.... sehr frustrierend für Organisationen, die eine Öffnung und ein sich gegenseitiges Kennen – und Verstehen lernen erreichen wollen- das erfordert einen langen Atem und die Bemühungen werden erst in Jahren sichtbar werden. Dass dies Wirklichkeit wird, wünschen sich alle Beteiligten.
Tolerantes Köln – beheimatet 18 Religionen, 180 unterschiedliche Nationalitäten und Grupperungen – 20% Gesamtanteil an Menschen mit anderen kulturellen Wurzeln, in manchen Stadtteilen bis zu 70%....eins der größten Zentren Europas für Schwule und Lesben à jedes Jahr erfahrbar am Christopher - Street Day - all das macht Köln aus – all das macht das kölsche Leben aus – der Historie geschuldet – die Römer mit ihrem weltherrschaftlichen Einfluss, die Franzosen, die mit ihrer Administration / ihrem revolutionären Gedankengut das Ende des MA und das Ende der Macht der katholischen Kirche einläutete und somit geistiger Engstirnigkeit, Misstrauen anderen Gruppierungen / Völkern gegenüber abschwor und sich so eine innere Haltung der Toleranz entwickeln konnte, die in Sprüchen wie „jede Jeck is anders“ und „lääve un lääve lossen“ usw. .....ihren Ausdruck findet.
Dies alles wurde uns am Abschlusstag bei einer Stadtführung der besonderen Art, mit vielen interessanten Geschichten und „Fisternöllchen“ aus der langen Geschichte von Colonia Agrippina nahe gebracht.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen verabschiedeten wir uns von unserer Seminarleiterin und den übrigen TN und fuhren mit vielen neuen Eindrücken wieder nach Hause.
UB /HG